Stiftung kinder- und familienfreundliches Melsungen · Förderverein für ein zukunftsfähiges Melsungen e.V.

Bildungsnetzwerk der Melsunger Kindergärten

Manuskript zum Vortrag vom 14.03.2018

Mitgliederversammlung des Fördervereins für ein zukunftsfähiges Melsungen e. V.

Vortragende: Carolina Lang, Erzieherin Kindergarten Bachfeld
Andrea Taylor, Leiterin Kindergarten Bachfeld


Bildungsnetzwerk Melsungen

Die 4 städtischen Kitas Bachfeld, Kasseler Straße, Schloth und Röhrenfurth haben dieses Bildungsnetzwerk vor kurzem gegründet um damit auch nach außen einen gemeinsamen Prozess zur Qualitätsverbesserung für die Kinder von 0-10 Jahre, also über die reguläre Kindergartenzeit hinaus, für ihre Stadt sichtbar und verbindlich zu machen.

Unser Vortrag wir die folgenden Bereiche abdecken:

  • Situationsanalyse- in welchem gesellschaftlichen, politischen und lokalen Kontext bewegen wir uns, woher leiten wir unsere Motivation ab
  • Was versprechen wir uns für die Zukunft davon-welche Ziele
  • Die Historie-vom Sprachnetz zum Bildungsnetzwerk
  • Wie wird das Bildungsnetzwerk implementiert
  • Wie ist es aufgebaut-die Struktur-die Ziele und warum


Situationsanalyse

Ein Blick auf das Kind. Vor Schuleintritt haben Kinder:

  • 3-5,5 Jahre in Bildungsinstitutionen verbracht
  • schon 1-2 Übergänge bewältigt, z. B. von der Familie in die Krippe, von der Krippe in die Kita
  • oft Veränderungen in der Familienstruktur erlebt, Geschwister sind evtl. dazu gekommen, Trennung, neue/r Partner/in
  • ca. 10-20 verschiede Erzieher/innen in ihrem pädagogischen Verhalten kennen gelernt
  • Kitastandards kennengelernt und genutzt, z. B. die Zusammenarbeit der Erzieher/innen, die Nutzung der unterschiedlichen Räume, den Tagesablauf, Lerneinheiten, Regeln, Werte, die unterschiedlichen Mahlzeiten, Zusammenarbeit mit den Eltern, anderen Institutionen etc


Ein Blick auf die Einrichtung:

  • Fachkräftemangel
  • Immer mehr Erziehungsaufgaben
  • Große Entwicklungsspanne
  • Auffälliges Verhalten setzt sich ohne kontinuierliche Begleitung weiter fort
  • Positives Verhalten lässt nach, wenn es nicht weiter abverlangt wird
  • Täglicher Umgang mit knappen Ressourcen (Zeit, Personal, Raum)


Es gibt nicht genügend und auch nicht genügend qualifizierte Erzieher/innen/Grundschullehrer/innen. Die Gründe dafür sind wie immer vielfältig.
Es werden immer mehr Erziehungsaufgaben in die Institutionen verlagert, schon aus dem einfachen Grund, weil sich die Verweildauer verlängert.
Auffälliges Verhalten löst sich ohne Begleitung und Maßnahmen nicht in Luft auf, wenn Kinder die Institution wechseln.
Positives Verhalten verschwindet sofort, wenn die nächste Institution nicht weiter darauf achtet. Es dauert Jahre, bis soziale und demokratische Verhaltensweisen sich automatisiert haben und abgerufen werden können.

Zukunftsvisionen

  • Bildungsinstitutionen gestalten die jetzige und zukünftige Gesellschaft mit
  • Pädagogische Arbeit verändert sich
  • Anspruch der Gesellschaft erhöht sich
  • Pädagogische Arbeit fordert multiprofessionelle und lernende Teams
  • Vernetzung und Kooperation wird gefordert
  • Weitergabe von Wissen
  • Digitalisierung und Öffentlichkeitsarbeit wird erwartet (internes und externes Marketing)

In unseren Bildungsinstitutionen wird der Grundstein und die Grundkenntnisse für unsere Gesellschaft gelegt, Demokratie ist nicht selbstverständlich und muss von klein auf gelernt werden. Deshalb ist eine breit angelegte Diskussion, wo sich Gesellschaft hin entwickeln soll und wie dann Problemlösungen aussehen können für uns wichtig. Das fordert pädagogisches Handeln heraus, wissen wir doch, welche Auswirkungen es haben kann, wenn in der Kindheit Probleme nicht angegangen werden, oder gerade sprachliche Bildung aus was für Gründen auch immer, mangelhaft ist. Nachsteuern kostet den Steuerzahler. die Krankenkassen Unsummen. Wir wissen alle um die Zusammenhänge von frühkindlicher Bildung, Bildungsgerechtigkeit und kennen die Statistiken, die das Gegenteil jedes Jahr aufs Neue belegen, dass immer noch die soziale Herkunft eines Kindes über Bildungschancen entscheidet.

Ich denke, dass wir hier in Melsungen mit unseren guten Voraussetzungen, Kitas, die sich weiterentwickeln wollen, Grundschulen, die sich für einen Dialog interessieren, weiterführende Schulen vor Ort, politischen Vertretern und einem Förderverein, die neue Konzepte unterstützen, gute Voraussetzungen haben, damit das hier anders wird.

Damit das gelingt, brauchen wir multiprofessionelle Teams und vor allen lernende Teams, die durch Vernetzung und die bereitwillige Aneignung und Weitergabe von Wissen sich den Herausforderungen proaktiv stellen und nicht irgendwann vor der Vielzahl der Anforderungen resignieren.

Digitalisierung ist in aller Munde und keine Institution kommt ohne öffentliche Darstellung, sprich website, und über soziale Medien aus. Gerade für die jungen Fachkräfte und die damit verbundene berufliche Orientierung ist die Diskussion über die nachfolgenden Fragen wichtig:

Wo steht Melsungen? Wo will Melsungen hin?

Das sind die beiden Fragen, die wir stellen und mit denen wir in die Analyse, Diskussion und Abstimmung mit unterschiedlichen Akteuren gehen, und die uns begleiten werden.

Vom Sprachnetzwerk zum Bildungsnetzwerk

Sprachnetz:

  • Auftakt November 2015
  • Entstehung von 5 Arbeitsgruppen:
  • Alltagsintegrierte Sprachbildung
  • gezielte Sprachförderung
  • Zusammenarbeit mit Experten
  • Kooperation Schule
  • Zusammenarbeit mit den Familien

Von Gegenwart und Zukunft ein kurzer zeitlicher Überblick, wie sich das Sprachnetz zum Bildungsnetzwerk entwickelt hat. Das Sprachnetz beschreibt die theoretischen und praktischen Bausteine die für eine gelingende sprachliche Bildung und Förderung notwendig sind und wurde vom Institut für Elementarbildung entwickelt und uns zur Implementierung zur Verfügung gestellt. Die 4 städtischen Kitas haben sich in 2015 damit beschäftigt, und für sich beschlossen, unter Anleitung und Begleitung des Ife die Bausteine umzusetzen, und abgeleitet davon in 5 Arbeitsgruppen konkrete Vorhaben zu planen, um sprachliche Bildungsprozesse für alle Kinder zu verbessern und Kinder mit besonderem Bedarf durch gezielte Sprachförderung zu fördern, insbesondere Kinder mit Deutsch als Zweitsprache.

Die Ergebnisse wurden auf zwei Fachtagen präsentiert, ins besonders wurde die Wichtigkeit der Zusammenarbeit der städtischen Kitas und die damit verbundene breitgestreute Verbesserung der pädagogischen Arbeit hervorgehoben. In jeder Einrichtung wurden Erzieherinnen in den Sprachförderprogrammen Flink und Konlab geschult, das Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren Kompik, das Eltern besser in die Bildungs- und Erziehungsprozesse ihrer Kinder einbezieht ist in allen städtischen Einrichtungen fester Bestandteil.

Ein weiterer Bestandteil sind Bildungsexkursionen, das heißt, Lernen von denen, die in bestimmten Bereichen schon Dinge umgesetzt haben. In anderen Kommunen haben ähnliche Prozesse stattgefunden, warum nicht davon lernen. Das spart Zeit und Energie.

Nach 2 Jahren Erfahrung im Prozess haben wir gemerkt, dass wir als städtische Einrichtungen von einem gemeinsamen Prozess profitieren und der Austausch, gemeinsame Projekte und Ideen die Qualität verbessern, die Problemlösekompetenz und auch das Wir-Gefühl stärken. Der Fachtag 2017 war hier ein wichtiger Einschnitt und Grundlage für die zukünftige Struktur und die Ziele. Insgesamt sind 42 Erzieher/innen und 250 Kinder mit ihren Familien in diesen Prozess eingebunden.

An die Struktur haben wir die Anforderung, dass Impulse von außen und im Inneren wahrgenommen werden. Durch einen Impuls, nämlich das Sprachverhalten der Kinder genau zu beobachten, ist überhaupt das ganze Projekt entstanden. Impulse kann man am besten aufnehmen, wahrnehmen, wenn man Gelegenheiten zum Dialog hat, das kann ganz formell, z. B. bei Arbeitstreffen oder auch bei Begegnungen, z. B. auf dem Schulhof sein, oder auch in der Arbeit mit Kindern und im Gespräch mit Eltern.

Die Struktur soll konkrete Aufgaben definieren, schließlich ist das unsere Arbeitszeit und vor allen Dingen wollen wir Problemlösungen für jetzige und schon sich in Sichtweite befindliche Probleme selber finden und nicht warten, bis uns jemand was aufdrückt. Zeit, Geld ist knapp, deshalb gilt es mit diesen Ressourcen bewusst umzugehen, nicht jeder muss alles machen oder von vorne anfangen, wir wissen, dass es in unserem Bereich oft Jahre dauert, bis etwas Neues implementiert wird. Warum nicht von jemanden lernen, der es schon hat.

Ganz wichtig, für die Erzieher/innen der städtischen Kitas ist die Mitarbeit verbindlich. Aufgabe von Leitung ist es, die Mitarbeit in Arbeitsgruppen durch Dienstplangestaltung möglich zu machen. Ganz wichtig ist uns, dass wir die, über die wir reden,insbesondere die Kinder und Eltern in diesem Bildungsnetzwerk mitbeteiligen wollen. Gerade unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.

Ressourcen

Ressourcen bündeln, und somit Zeit, Energie und Geld sparen, vor diesem Hintergrund ein kurzer Blick auf die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen und denen gegenüber wir uns auch verpflichtet fühlen.
Das Land Hessen hat als Antwort auf den Pisa-Schock und nach Vorbild anderer Länder einen Bildungsplan für Kinder von 0-10, der die Bildungsorte Familie, Kita, Grundschule miteinander verbindet, und in dessen Entwicklung, Erprobung, Implementierung und Weiterentwicklung Steuergelder geflossen sind und weiter fließen. Die städtischen Einrichtungen haben sich verpflichtet, den Bildungsplan umzusetzen, auch durch kostenfreie Praxisbegleitung. Wir erhalten pro Kind eine Pauschale vom Land Hessen, 100 pro Kind und Jahr.

Auf dieser Basis haben sich die Einrichtungen Ziele gesetzt. Ihre jeweiligen Konzeptionen sind auch darauf ausgerichtet sind, dass aus Kindern Erwachsene werden, z. B. wer in den ersten 10 Lebensjahren lernt, wie ein soziales Miteinander aussieht, hat bessere Aussichten, das auch später als Jugendlicher anzuwenden.

Kitas investieren Zeit, Energie, Geld, von daher möchten wir auch wissen, wie es mit diesem Einsatz weitergeht, hier ein Beispiel: Wir investieren viel Zeit und Energie in den zuckerfreien Vormittag,z. B. Informationen an die Eltern, Projekte mit den Kindern, Zusammenarbeit mit dem Patenzahnarzt, zahngesundes Frühstück, kauaktives Frühstück und und und. Wenn in Elternhaus und Schule nicht weiter darauf geachtet wird, ist dieser immense Ressourceneinsatz verpufft, und die Benachteiligung von Kindern geht weiter.

Wir bekommen Fördergelder von unserem Träger und dem Förderverein für ein zukunftsfähiges Melsungen. Wir haben was sprachliche Bildung und Förderung betrifft, für die tägliche Arbeit Standards gesetzt. Wie geht es weiter für die Kinder wenn sie in die Schule kommen, wie kann ein Abgleich mit anderen Institutionen erfolgen?

Das Bildungsnetzwerk hat den Anspruch, zur Zukunftsfähigkeit unserer Stadt beizutragen.

Wie ist das Bildungsnetzwerk aufgebaut, strukturiert, damit wir das leisten können?

Die Arbeitsgruppen:

Aus ehemals 5 Arbeitsgruppen sind 4 Arbeitsgruppen geworden. Erzieher/innen, deren Schwerpunkte Sprachförderung, Sprachbildungsprozesse sind, haben ihre Arbeitsgruppen zusammengelegt, weil eins das andere beeinflusst.

Die Arbeitsgruppen arbeiten selbstständig, haben Sprecher/innen, die einladen, die Treffen inhaltlich und organisatorisch vorbereiten und das Protokoll an die Projektkoordination weitergeben. Die Sprecherinnen können bei Bedarf Prozessbegleitung anfordern, arbeiten aber sonst eigenständig. Die Arbeitsgruppen sind über die Steuergruppe miteinander verbunden.

Die Steuergruppe

Die Steuergruppe besteht aus den Arbeitsgruppensprecherinnen, den Leiterinnen der städtischen Kitas und der Prozessbegleitung. Prozessbegleitung sind Frau Brode vom Institut für Elementarpädagogik und „Erfinderin“ des Sprachnetzes und Frau Eder in ihrer Funktion als Multiplikatorin für den HBEP. Prozessbegleitung von diesen beiden Expertinnen sehen wir als wichtig an, die von außen den Prozess beobachten, Impulse geben und über die Anknüpfung an den BEP hessenweit auch wissen, wo sind andere Experten, Lernorte, von denen wir wieder lernen können.
In der Steuergruppe werden alle für den Fortlauf des Projekts relevanten Entscheidungen getroffen, der Prozessverlauf reflektiert, Stolpersteine benannt und aus dem Weg geräumt und natürlich die Informationen aus den Arbeitsgruppen zusammengetragen und ausgewertet. Die Einrichtungen, Arbeitsgruppen informieren sich gegenseitig über ihren individuellen Prozess, besonderer Fokus liegt auf dem gemeinsamen Prozess.

Die Projektkoordination

Aus der Steuergruppe heraus hat sich die Projektkoordination gebildet. Ihre Aufgabe ist es, die Steuergruppentreffen vorzubereiten, auszuwerten, Impulse zu geben, Förderanträge zu stellen, das Projekt öffentlich vorzustellen und den Informationsfluss zum Bürgermeister zu gewährleisten. Die Projektkoordinatorinnen sind Carolina Lang, Sandra Führ und Andrea Taylor.

Unsere Ziele

Ein Berufsmerkmal von Erzieherinnen ist, dass sie Ziele für ihr Handeln formulieren, an denen dann die Methoden, Inhalte und Arbeitsschritte ausgerichtet werden. „Denn wer sein Ziel nicht kennt, landet mit Sicherheit da, wo er nicht hin will“, ein alter Spruch. Deshalb haben wir aus allem, was wir bisher gemacht haben und wo wir hin wollen, 4 Oberziele benannt, die dann natürlich heruntergebrochen werden in Unterziele, Zeitstränge und Verantwortlichkeiten.
Ganz oben steht:

Bessere Bildungschancen für Kinder,

egal welcher Herkunft, damit in Melsungen nicht der soziale Status über den Bildungsverlauf der Kinder entscheidet.

Stärkung und Weiterentwicklung der persönlichen und fachlichen Kompetenzen von Fach- und Führungskräften

Unsere Arbeit wird immer vielfältiger, das einheitliche Berufsprofil wird abgelöst durch Profile mit unterschiedlichen Schwerpunkten, auch Spezialistentum gehört dazu, die aber alle ergänzend und kooperativ zusammen arbeiten. Dafür braucht es Führungskräfte auf unterschiedlichen Ebenen, auch als Anreiz und Aufstiegsmöglichkeit. In diesem Modell entwickeln sich Fachkräfte kontinuierlich weiter. Bestimmt ganz wichtig für die Zukunft, um gute Mitarbeiter/innen zu binden und um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Weiterentwicklung vorhandener Netzwerkstrukturen

Melsungen hat schon Netzwerke, auf die möchten wir aufbauen

Die Stärkung der Familie in ihrer Vielfalt

Die Familie als wichtiger Lebens,- Lern und Rückzugsort für Kinder und Erwachsene möchten wir stärken und die Zusammenarbeit mit den Familien verbessern.

Ausblick

Durch den Austausch wollen wir jetzige und zukünftige Aufgaben definieren und Problemlösungen finden. Es werden einige Aufgabenstellungen/Probleme auf uns zu kommen:

  • z. B. welche Erziehungsaufgaben übernehmen wir, welche nicht und warum?
  • Wie verhindern wir Überforderung/Unterforderung auf der Kinder- und Erwachsenenebene
  • Wie qualifizieren wir Fachkräfte?
  • Qualität in der U3 Betreuung
  • Wie stärken wir Familien vor dem Hintergrund von sich veränderten Berufswelten?

Das Bildungsnetzwerk steht am Anfang, es hat viele Dimensionen, sowohl individuelle Prozesse in den jeweiligen städtischen Kitas, übergreifende Prozesse und den Wunsch andere einzubeziehen. Unsere Zielsetzung steht, den weiteren Prozessverlauf gestalten die, die verbindlich mitarbeiten. Das ist unser Wunsch und für die städtischen Kitas jetzt schon Aufforderung und Auftrag.

Mitarbeiten - Mitgestalten